ich interessiere mich zur Zeit für Daten zur frühkindlichen Entwicklung, und bin in diesem Zusammenhang auf das Habituations-Dishabituations-Paradigma gestoßen, welches in den ersten 2 waves der SC1 durchgeführt wird. Detailierte Dokumentation scheint ja hierzu leider noch auszustehen. Daher habe ich eine Frage zur Nutzung der Daten: sehe ich es richtig, dass es keine einzelne Variable gibt, die als allgemeine performance-measure für das Habituations-Dishabituations-Paradigma verwendet werden könnte?
ja, im Moment gibt es tatsächlich noch keine Dokumentation des Maßes, aber ich kann dir gerne auf deine Frage antworten.
Habituations-Dishabituations-Aufgaben bestehen im Prinzip aus zwei Phasen, weswegen sich nicht ohne weiteres ein Gesamtindikator bilden lässt. Man kann z.B. pro Aufgabe einen Wert bilden, der den Abfall an Blickzeiten innerhalb der Habituationsphase abbildet. Für die Dishabituation wird im Regelfall ein Indikator gebildet, der den Übergang zwischen Habituation und Dishabituation in Blickzeiten abbildet. Habituationsindikatoren werden meistens als Hinweis für die Informationsverarbeitung des Kindes gesehen, während Dishabituationsindikatoren eher für diskriminative Fähigkeiten stehen (z.B. Aufmerksamkeitserholung oder Reizkategorisierung). Für beides eignen sich die aufsummierten Blickzeiten pro Trial auf das Target ganz gut. Konkrete Indikatoren gibt es dann unterschiedliche, die in der Literatur genommen werden - da müsstest du dir einen aussuchen, der am besten zu deinen Hypothesen passt. Hier eine Übersicht:
Colombo, J., Mitchell, D. W., O’Brien, M., & Horowitz, F. D. (1987). The stability of visual habituation during the first year of life. Child Development, 58(2), 474-487. https://doi.org/10.2307/1130524
Kavšek, M. (2004). Predicting later IQ from infant visual habituation and dishabituation: A meta-analysis. Journal of Applied Developmental Psychology, 25(3), 369-393. https://doi.org/10.1016/j.appdev.2004.04.006
Mit den NEPS Daten wurde u.a. der Indikator „Habituationsstärke“ (vgl. Laucht, Esser, & Schmidt, 1994) gebildet, mit dem auch schon publiziert wurde, vgl.:
Attig, M., & Weinert, S. (2018). Soziale Disparitäten im Kontext von Mutter-Kind-Interaktionen und frühen Entwicklungsmaßen von Kindern. Frühe Bildung, 7(1), 22-31. https://doi.org/10.1026/2191-9186/a000356
Hondralis, I., & Kleinert, C. (2021). Do children influence their mothers’ decisions? Early child development and maternal employment entries after birth. Advances in Life Course Research, 47, 100378. https://doi.org/10.1016/j.alcr.2020.100378